7. Fastnachtslied

T&M: Dießenhofener Handschrift (verso)

Ende des 14. Jh., Zürich Privatbesitz

(Gotische Harfe geschnarrt, Renaissancedrehleier, Baßblockflöte, Fingerzimbeln; Gesang: Andreas Gutenthaler)

Als der Spielmann auf Schloß Dießenhofen sein Unglück bemerkte, versuchte er anscheinend noch, daß Liederblatt aus dem Bretterboden zu ziehen. Der Erfolg war gering: Nur kleine Teile „rettete" er. Beim zweiten Lied fehlen deshalb leider einige Passagen des Textes, die sich nicht mehr einwandfrei erschließen lassen.

‹...............› mit ste‹ter› gir

genczlich z‹u›uar on abby lon,

und wil och jemur dienen dir/

‹...............d›orumb sol ergon,

din wiplich zucht ist wol gistalt

daz du min hercz/ hast mit giwalt

in ganczer trùw sol es biston etc//

Ich wil sin al zit mit flis

als du gebùst rot swarcz und wis/

des solt du frow kan zufel hon etc etc//


Gib mir din rat trut froewly guot

daz i‹ch› in dinem willen far

‹und w›il och sin/ in steter huot

ka‹...›er w‹...›ch‹...............

...›uot‹...............›/ niden

was ich mag ‹d›arumb geliden

wil ich sin uf guotden won ‹etc›

‹i›ch ‹ wil etc ›// ...


Fùr al dis welt han ich erwelt

dich ze trost dem herzen min

zuo dir so han/ ich mich giselt

hilf mir dis fasnacht froelich sin

so wirt min hercz/ von froeden gancz

wen du mich froest wol an dem tancz

sus wil ich/ blibun menlis on etc etc

ich wil sin al zit mit flis// ...

.......... mit beständiger Begierde

wahrlich zur Gänze ohne Ablaß,

und ich möchte dir auch immer dienen,

.......... soll deshalb beginnen.

Dein weibliches Benehmen ist so gut,

daß du mein Herz in Gewalt hast,

in vollkommener Treue wird es verharren.

Ich werde immer mit Eifer so sein,

wie du gebietest, rot, schwarz aber auch weiß

daran sollst du, Herrin, keinerlei Zweifel haben.


Gib mir deinen Rat liebe, vornehme Herrin,

damit ich nach deinen Wünschen handle

und so will ich auch immer achten

.......................

.......................

Was ich deshalb erleiden kann,

wird mir eine gute Angewohnheit sein.

Ich werde ...(Refrain)


Auf der ganzen Welt habe ich erwählt

dich als Freude meines Herzen.

Dir habe ich mich hinzugesellt.

Hilf mir in dieser Fastnacht glücklich zu werden.

So wird mein Herz von Freude erfüllt,

wenn du mich beim Tanze erfreust,

ansonsten möchte ich lieber alleine bleiben.

Ich werde immer mit Eifer so sein ... (Refrain)

Wie das erste Lied behandelt auch das zweite das Thema der Liebe mit hingebungsvollen Worten des Mannes. Die Besonderheit liegt im Detail: Hier wirbt er um eine Tanzpartnerin für die Fastnacht und möchte damit vielleicht auch eine einjährige Liebesbeziehung eingehen. Dieser Brauch hatte zwar keinerlei gesetzliche Grundlagen, aber trotzdem fühlten sich die Liebenden auf ein Jahr gebunden, danach konnte bei Bedarf die Suche und die Werbung erneut beginnen.

Die im Refrain vorkommenden Farben entsprechen der typisch mittelalterlichen Vorliebe für Symbole: „rot" = „brennende Liebe", „schwarz" = „Trauer über Treulosigkeit" und „weiß" = „Hoffnung auf Erhörung".

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